Glänzendes Silber und dunkler Schrecken
Von Uyuni aus ging es weiter nach Potosí. Diese Stadt im südlichen Zentral - Bolivien war im 17. Jahrhundert einst eine der reichsten und einflussreichsten Städte weltweit.
Ihren Reichtum hatte sie den immensen Silber- und Eisenvorkommen im Cerro Rico zu verdanken. Dies ist der Berg, an dessen Fuße Potosí liegt. Die Stadt ist mit ca. 4100 Höhenmetern eine der höchsten weltweit! Dies merkt man auch mit jedem Schritt! Alles ist sehr anstrengend und man benötigt für einfache Dinge (gehen zum Beispiel ;) ) ein vielfaches an Atemzügen!
Potosi hat aufgrund seines ehemaligen Reichtums viele beeindruckende Gebäude im Kolonialstil,sowie Kirchen. In der Kathedrale am Hauptplatz steht übrigens sogar eine Orgel aus Deutschland ;-P
Doch zurück zum bekanntesten Wahrzeichen der Stadt: dem Cerro Ricco
Dieser Berg ist durchzogen von zahlreichen Mienenschächten und kann sogar besichtigt werden.
Allerdings sollte man bei einer Tour durch die Mienen bedenken, dass dies nicht ganz ungefährlich ist. Viele Veranstalter lassen Besucher vorab einen Haftungsausschluss unterschreiben...
Doch wir ließen uns natürlich nicht davon abbringen und haben trotz vieler möglichen Gefahren eine Tour in die Miene gemacht. Wirds schon nicht gerade uns erwischen, dachten wir uns...
Und, um gleich mal alle zu beruhigen, es ist uns absolut nichts passiert! Aber dennoch kann man diese Tour nicht gerade in die Kategorie "schöner Ausflug" einordnen.
Früher beuteten die spanischen Kolonialherren die Miene derart aus, dass sogar der Wert des Silbers aufgrund der enormen Mengen fiel. In den Mienen arbeiteten jedoch natürlich keine Spanier, sondern zunächst indianische Zwangsarbeiter und später Sklaven, welche aus Afrika eingeschifft wurden. Schätzungen zufolge kamen in den Mienen um die 8 Millionen Menschen ums Leben. In den 50ern war die Miene sogar einige Jahre geschlossen, um die vielen Leichen zu bergen. Es weiß jedoch niemand, ob alle geborgen wurden, da kein Plan der Miene existiert und somit niemand weiß, ob überall gesucht wurde.
Auch heute noch gibt es keinen Plan und keine Vorschriften. Niemand weiß, wer sich im Berg befindet und wo. Die Mineros, die Mienenarbeiter, sind in Gewerkschaften organisiert und arbeiten in kleinen Gruppen zusammen. Nur ihre Familie und Kollegen wissen, wer in der Miene ist und wie lange. Oft kommt es vor, dass die Mineros bis zu 24 Stunden am Stück in der nicht gesicherten Miene arbeiten. Auch müssen sie für Strom, Belüftung und Benutzung der Werkzeuge beim Mienenbetreiber bezahlen! Übrigens gibt es Strom und Belüftung, welche vor giftigen Gasen schützt, nur in den oberen Stockwerken der Miene.... Unser Guide erzählte uns, dass ein größerer und ein kleinerer Unfall pro Woche der Normalfall sei. Ausserdem bleibe alles das was in der Miene passiert auch dort. Niemand weiß was tatsächlich ein Unfall war und was ein Verbrechen. Und ebenso wenig wird dies untersucht!
Die Arbeit der Mineros ist echte Knochenarbeit!
Frauen sind in der Miene sowieso verboten (als Besucher natürlich nicht..). Während ihrer Arbeitsschichten wird nichts gegessen und getrunken! Außer: Kokablätter und Alkohol, 96% - iger Alkohol gemischt mit Limo... Den wir natürlich auch mittrinken durften. Doch vor jedem Schluck wird dem Tio, Teufel, und der Pachamama, Muttererde, geopfert, um Mienenunglücken vorzubeugen. Dafür werden je zwei Tropfen des Mischgetränks für beide "Gottheiten" auf den Boden gekippt. Erst dann darf man selbst trinken. Auch soll Kokain unter der Arbeitern sehr verbreitet sein.
Doch wen wundert das schon?! Wie sollte man anders als zugedröhnt diese Bedingungen unter Tage überhaupt aushalten....
Außerdem ist die ganze Miene voller Arsen, das als Nebenprodukt bei Sprengungen entsteht. Das heißt die Arbeiter können nicht einfach mal so nebenbei mit ihren Händen Kokablätter essen, welche sie aber brauchen. Sie hemmen die Empfindungen von Hunger, Müdigkeit und helfen gegen die Höhenkrankheit. Da es in der Miene natürlich keinerlei Sanitäranlagen gibt, heißt das nur eins: Hände waschen mit dem eigenen Urin.....!!!
Übrigens muss jeder Besucher vor dem Mienenbesuch am Miners Market Geschenke für die Mineros kaufen: 96% - iger Alkohol, Limo, Handschuhe und wahlweise Dynamitstangen...Gibts alles mitten auf der Straße und jeder kann`s kaufen...
Doch die Miene selbst...Mein erster Gedanke: Verdammt, bitte rückwärts raus, muss das sein!!!???
Obwohl ich wirklich nicht gerade groß bin, musste ich mich ständig bücken und hatte bereits nach wenigen Metern extreme Atemprobleme! Jetzt hatten wir aber einen Mundschutz, während die Mineros ihr Leben lang ohne arbeiten!!! Alt werden die alle nicht! Der jüngste Minero ist übrigens 14 Jahre alt. Doch wer kann das in dieser Miene schon genau sagen...
Nach wildem umher klettern, ständiger Atemnot, einer Live-Sprengung, Luft, die mehr aus Staub als aus Sauerstoff bestand, sonderbaren Götteranbetungen und einigen Schnäpsen, waren wir jedenfalls heilfroh wieder das Tageslicht zu erblicken...
Dieses unscheinbare Loch ist der Haupteingang zur Miene
Arsen lässt grüßen: das Bunte links im Bild ist Arsen.
Alkohol, Kokablätter und Zigaretten sollen den Tio, Teufel, bei Laune halten. Dieser kann einem in der Gestalt einen jeden Mienenarbeiters begegnen. Besondere Angst haben die Mineros vor Arbeitern, die allein arbeiten und "verrückt" sind.
Wer hier Gläser zum Trinken sucht, kann lange suchen...Ein umfunktionierter Flaschenhals tut´s auch.
Über die Mine in Potosi wurde übrigens ein vielfach ausgezeichneter Film gedreht:
The Devils Miner.
Dieser handelt von der Geschichte eines 14-Jährigen Jungen, welcher gemeinsam mit seinem 12-jährigem Bruder in der Miene arbeitet.
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